Die Aussöhnung von Maria Magdalena mit Petrus

Maria Magdalena, eine Frau, Weiblichkeit, Gefühl, die emotionale Seite des Menschen – sehe ich als Maria, die Magd des Herrn – das sagt für mich der Name aus, „Magd“ alena, die dem Geist dienende.

Petrus - so sagt sein Name, ist der Fels auf dem das Gottesreich errichtet wird, ein Mann, für mich der Ausdruck von Geist, Männlichkeit, Verstand – die mentale Seite des Menschen, die erkennt und manifestiert.

Im Verhältnis der beiden zueinander, an dem, was bisher geltende Meinung ist, spiegelt sich für mich die gesamte Situation unseres Menschseins wider. Petrus der führende Mann in der Kirche, „der Fels, auf dem ich meine Kirche errichten will“ , lässt wenig Platz für Maria Magdalena, von der niemand so recht weiß, für was sie steht, obwohl sie eine tiefe Beziehung zu Jesus Christus hatte – Heilige oder Hure oder noch etwas ganz anderes? Bestenfalls duldet sie die Kirche als eine treue Anhängerin von Jesus Christus, aber darüber hinaus wird es eng – was ist, wenn Maria Magdalena und mit ihr die gesamte Weiblichkeit noch viel mehr als bisher erkannt, verkörpern und bewirken können?

Die Bibel ist nicht sofort nach den Ereignissen um Jesus von Nazareth geschrieben worden, sondern entstand erst Generationen später. Diese Generationen haben keinen Kontakt mehr mit Jesus gehabt. Was niedergeschrieben wurde, ist überliefert, nicht selbst erlebt.

Die wenigen Personen der Bibel, die Jesus wirklich selbst kennengelernt haben, berichten in ihren Briefen darüber (Petrus oder Paulus). Sie konnten dabei auf selbst erlebte Begebenheiten zurückgreifen, schließlich waren sie ständig mit Jesus zusammen, sie teilten ihr Leben mit ihm und machten ihre eigenen Erfahrungen. Von ihren erfüllten Herzen zeugen ihre Berichte.

Trotzdem zeigt sich mir: Etwas ist hier nicht stimmig, muss fehlen. Irgendwas haben wir nicht richtig verstanden.

Die Wirksamkeit zeigt sich immer am Ergebnis. Und das Ergebnis bezeichne ich nach mehr als 2000 Jahren eher als dürftig. Wahre Menschlichkeit zeigt sich auf unserem Planeten eher als Rarität; was ist schief gelaufen und läuft immer noch nicht rund?

Kann Maria Magdalena etwas Licht in das Dunkel bringen? Müssen wir ein anderes Verständnis bekommen?

Über viele Innenweltreisen habe ich erfahren, dass Verstand und Gefühl zusammenarbeiten müssen, um eine neue, verbesserte, menschlichere Struktur zu erschaffen und zu etablieren.

Keiner von beiden (Mental oder Emotional) kann für sich allein die wahre Menschlichkeit erlangen, die dem Ebenbild Gottes gleicht („nach meinem Bilde geschaffen“).

Nur gemeinsam erfolgt Entwicklung in diese Richtung.

Wir (mein Verstand in Verbindung mit meinem Gefühl) haben folgende Gedanken geboren:

Mit der Geburt Jesu zeigt Gott der Welt auch sein weibliches Antlitz, Gott erweitert damit die Sichtweise; unserer Wahrnehmung eröffnet er eine Ergänzung.

Im Gesetz der Hermetik wird benannt:  Wie oben, so unten -  e i n   geltenden Prinzip.

Nur die Reihenfolge ist beim ersten Mal der Benutzung festgelegt:

Zuerst war nur Geist, dann kam das Gefühl hinzu. In seiner Reinheit, Ursprünglichkeit leitet er das Gefühl. Und nur in dieser Reinheit lässt sich das Gefühl wirklich leiten.

Das Weib wurde aus dem Mann heraus erschaffen; Weiblich steht für Nehmen, Männlich für Geben. Mit dem Geben hat es angefangen (auch das Baby im Mutterleib lernt zuerst das Geben - Ausatmen, und nicht das Nehmen – Einatmen) doch dann folgt ein wechselwirkendes Durchdringen und Befruchten.

Gott ist Mutter und Vater,  Empfangen (weibliches Prinzip)  und Gebären (männliches Prinzip) bedingen einander, geboren wird als Frucht dieser Verbindung das Kind, das in der Grundlage die Eltern repräsentiert, aber einmal geboren selbst wachsen muss und darf

und sich ständig weiter entwickelt, über sich hinauswächst, über die Eltern hinauswächst.

Diesem Gesetz folgend kann sich kein Teil allein wirklich entwickeln, beide bedingen einander.

Sobald einer von beiden glaubt, ohne den anderen auszukommen, geht Entwicklung schief, ist sie von Kampf geprägt, von entweder – oder, von Macht und Unterdrückung, von Sieger und Besiegtem.

Erst wenn Geist und Gefühl sich ständig durchdringen, befruchten und miteinander wachsen, entsteht auch körperlich der Spross zu wahrer Menschlichkeit.

Dies alles zeigt mir Jesus und seine Geschichte.

Der reine Geist Gottes will sich mit der Menschheit verbinden, vereinen, um die bisherige Schöpfung weiterzuentwickeln.  Dafür benötigt er die Bereitschaft eines weiblichen Schlüssels, wenn ich für die Erklärung die Metapher von Schloss und Schlüssel benutzen darf. Dies geschieht über Maria, der Mutter Jesu („Siehe ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach Deinem Wort.“, deren Gefühle so rein sind, dass sie den Geist Gottes empfangen kann, ohne zerstört zu werden.

Als Frucht dieser Verbindung von Göttlichem mit Menschlichem, Himmel und Erde, wird Jesus im physischen Körper eines Mannes von Maria  geboren, repräsentiert Mutter und Vater, entwickelt sich und wächst über sich und seine Grundlage hinaus. Er fügt die Gabe seines Vaters (reiner Geist) mit der Gabe seiner Mutter(reine Gefühle) zusammen und erwächst so im Kind Gottes zu wahrer Menschlichkeit.

Maria Magdalena, durch ihr bisheriges Leben mit vielfältigen Erfahrungen ausgestattet, begegnet Jesus, erkennt seine Allmacht und Größe, würdigt sie und dient ihm. Dies erkennen wir im Ritual des Waschens der Füße von Jesus mit ihren Tränen und des Trocknens mit ihrem Haar. Dieses Bild ist sehr komplex und beschreibt sehr eindrücklich, was notwendig ist.

Maria Magdalena erkennt, dass sie bis an die eigenen Wurzeln zurückgehen muss, wofür die Füße stehen, die mit dem Staub der Erde bedeckt sind und die Verbindung mit der Erde, Erdung, repräsentieren.

Sie weint, als sie erkennt, dass ihre Wurzeln verletzt sind - dass ihrem bisherigen Leben die Würze gefehlt hat -  dass ihrem Geist und ihrem Gefühl die Reinheit, die Verbindung fehlt, die sie bei Jesus bemerkt. Ihre Tränen berühren seine Füße. Mit dieser unbewußten Geste erkennt Jesus, was nötig ist: Reinigung. Indem Maria Magdalena die Füße von Jesus mit ihren Tränen berührt, reinigt sie ihre Wurzeln. Dies geschieht von ihr unbewußt, wird aber bewußt von Jesus vollzogen. Ich deute ihr Weinen als ein Zeichen ihrer tiefen, inneren Berührung, die gleichzeitig einen Hilferuf verkörpert. Jesus reagiert auf diesen Ruf. Danach trocknet sie die Füße von Jesus mit ihren Haaren – Haare, die in der Symbolik für persönliche Freiheit stehen – zum Zeichen ihres Einsatzes für das Notwendige, für das, was die Not wendet.

(Karl Marx bereits sagte: „Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit.“)

Jesus spürt ihre Sehnsucht nach wahrer Einsicht, er nimmt ihre Hingabe wahr und nimmt sie an.

Ja mehr sogar, über diese dienende Handlung berührt Maria sein Innerstes, tritt mit ihm in Verbindung, so dass seine reinen Kräfte auf sie übergehen können.

Jesus kann nichts verborgen bleiben und so erkennt er auch ihre Verletzungen und Wunden (dafür stehen die 7 Dämonen, analog den Blockaden, die in den sieben Chakren stecken) und schenkt ihr die Gnade der Aussöhnung und Erlösung durch sein Wort und die intensive Begegnung  – er macht sie damit empfänglich.

Mit ihrer Empfänglichkeit kann in ihr sein reiner Geist und seine reinen Gefühle wirken, ohne Maria zu zerstören und damit wird diese Berührung befruchtend und heilsam.

Die Grundlage für das Empfangen von göttlicher Gnade ist immer die Aussöhnung mit allen Wunden und Verletzungen, die in meinen Körpern festsitzen.  Vorher ist meine Empfängnis blockiert, dies habe ich selbst oft genug in meiner Innenwelt erfahren.

Erst dann kann diese Gnade in mich einfließen, mich heilen und mich mit allem verbinden.

Möglicherweise hat diese für uns fast einfach wirkende Berührung der Füße von Jesus durch Maria Magdalena schon ausgereicht, um etwas völlig Neues zu schaffen – möglicherweise auch nicht – das ist alles Spekulation und auch nicht wirklich wichtig.

Die Verurteilung von Maria Magdalena als Hure macht Andeutungen, dass auch mehr körperlicher Kontakt bei der Beziehung von Jesus und Maria Magdalena in Betracht gezogen worden ist. Was spricht dagegen? Warum sollte ein Gott, der sich ganz in die Menschlichkeit hineinbegeben hat, um alle Erfahrungen über die Gefühle und die daraus geborenen Gedanken in sich aufzunehmen, sich der intensivsten aller menschlichen Begegnungen verweigern – der tiefsten Berührung zweier Partner beim Liebesspiel ??

Der Hingabe und Auflösung der Gegensätze im Erleben des bedingungslosen Verschmelzens, im Erleben und Genießen der Einheit ???

Dafür spricht  für mich keine vernünftige Erklärung. Wenn es also eine grundsätzliche Ablehnung einer Liebesbeziehung zwischen Jesus und Maria Magdalena gibt, so doch nur aus dem Grund heraus, dass die körperliche Begegnung zweier Liebender immer noch herabgewürdigt wird und eben nicht die Anerkennung als lebensbejahende und erstrebenswerte tiefe Verbindung und Berührung zweier Partner erhält.

Doch wie jeder Einzelne zu dieser, meiner Einsicht steht, kann er nur für sich allein klären.

 

Das Ritual der Fußwaschung hat Jesus beim letzten Abendmahl mit seinen Jüngern wiederholt.

Als sie sich weigerten, machte er ihnen klar, dass sie ohne dieses Ritual niemals Anteil an ihm haben würden – das dies notwendig ist, um sie für seine Gnade (wie er sie hat auch Maria Magdalena geschenkt hat) empfänglich werden zu lassen.

Durch diese so tiefen und berührenden Begegnungen mit seinen Vertrauten schaffte Jesus die Grundlage,  dass es zur Empfängnis und Geburt des Heiligen Geistes in Jesus selbst kam.

Damit schuf diese Vereinigung etwas Neues, Lebendiges, Emergentes, etwas, was es noch nie vorher gegeben hat -

eine Kraft wurde aus dem bisherigen Geist geboren, die ihn erweiterte, vervollkommnete, vervollständigte …

finden  Sie selbst die passende Bezeichnung für dieses unfassbare Ereignis.

Dieser Heilige Geist schließlich befähigte Jesus, in übergroßer Liebe sein physisches Leben hinzugeben, um damit den Heiligen Geist zu Gott zu bringen. Diese Liebestat verwandelte ihn zu Christus. Seine Gabe an Gott entmachtete den Tod. Er konnte mehr zurückgeben, als er erhalten hatte. Damit war der Kreis durchbrochen, der den physischen Körper mit dem Tod verbindet, ihn an den Tod kettet.

Er ging wieder in das ein, woher er gekommen war, jedoch brachte er eine neu geschaffene Gabe mit, den Heiligen Geist. Damit auch wir alle diese Gabe empfangen können, war es notwendig, diese Gabe in Gottes Reich einfließen zu lassen – was in der Auferstehung von Christus geschehen ist -  deshalb auch die Bitte an Maria Magdalena bei ihrer Begegnung nach seinem physischen Tod:

„ Maria, halt mich nicht fest“.

Von Gottes Reich  aus kann diese Gabe nun wieder zu jedem von uns zurückfließen – Bedingung dafür ist jedoch meine Empfänglichkeit. Diese erhalte ich nur über die Begegnung mit Christus, in mir.

Im Glauben und Vertrauen, dass die Zusage seiner bedingungslosen Unterstützung für mich gilt, erhalte ich die Impulse, die meine Gefühle reinigen und mich empfänglich machen für den Heiligen Geist, der aus mir einen wahren Menschen macht.

Daher auch der Satz: „Niemand gelangt zum Vater, außer durch mich.“ So schließt sich der Kreis.

 

Was hat das nun aber alles mit Petrus zu tun?

Petrus, der erste Repräsentant der Kirche, steht für das Geistige – und wahrscheinlich hat sich über die Jahrtausende hinweg dieser Geist so verselbständigt, sich so über die Gefühle erhoben, dass er glaubt, ihre Unterstützung nicht nötig zu haben, gut allein zu recht zu kommen, ja sie sogar als hinderlich zu bezeichnen.

So erklärt sich für mich auch die immer noch nicht wahrgenommene und wertgeschätzte Rolle der Weiblichkeit in unserer Zeit (wobei das Christentum noch zu preisen ist vor anderen Religionen, z. B. dem muslimischen Glauben, der den Frauen ihre Stimme nimmt und sie zwingt, ihre Gestalt zu verhüllen).

Wenn ich den Recherchen von Religionswissenschaftlern und anderen interessierten Kreisen glauben darf, so hatte Maria Magdalena es schwer, als Jüngerin Jesus anerkannt zu werden – und geschweige denn als wahrer Mensch angesehen zu werden, von Jesus selbst unterwiesen und durch seine tiefe Berührung gewürdigt und geheiligt .

Ja ich vermisse auch in unserer Umgangssprache und bei der Benennung von Gott den weiblichen Aspekt. Da liegt für mich ein dringender Handlungsbedarf, weil ständig nur von Gott als Vater gesprochen wird.

Ganz gleich in welcher Form ich ausgrenze, ob bei Sprache oder Handlung – was ich ausgrenze, kann sich niemals manifestieren, weil es nicht in mein Bewusstsein dringt. Wenn ich mir bewusst bin, das Gott Mutter und Vater ist, will ich es auch aussprechen und es fließt in meine Realität bewusst ein.

Für mich liegt der Schlüssel wahrer Menschlichkeit in der Annahme, Würdigung und im Weitertragen vom Geschehnis von Maria Magdalena und Jesus in mein eigenes Leben – dabei ist es völlig unwichtig, ob ich im Körper eines Mannes oder einer Frau lebe und das Leben erfahre.

Wichtig ist es nur, Geist und Gefühl zu verbinden, das ständige Durchdringen und Befruchten zuzulassen, damit sich NEUES gebären kann.

Menschlichkeit spiegelt sich immer in Beziehungsfähigkeit wider. Alles was mich beziehungsfähiger macht, was dem Ganzen und dem Einzelnen dient, sowohl als auch, entwickelt mich und alle Menschen weiter und lässt uns lebendiger und kreativer sein.

Die Aufgabe ist für alle gleich, nur die Facetten sind verschieden - lösen muss sie jeder für sich allein. Das ist der Beitrag, den ich leisten kann. Es wirkt wieder das Gesetz der Masse: Je mehr Menschen daran arbeiten, desto schneller wirkt es sich aus.

Die Aussöhnung von Maria Magdalena mit Petrus – Christus fordert mich dazu auf und unterstützt mich bedingungslos, dies in mir zu vollziehen – endlich Frieden zu schaffen.

Mit ihm und durch ihn und in ihm wird der Frieden geboren, „den die Welt nicht geben kann.“ Über jeden einzelnen will er in die Welt fließen.

 
Danke für Eure Aufmerksamkeit.

Christina Barbara Peters